Diesen Artikel finden Sie auch in der Ausgabe 1.2018 des Fachmagazins "Rechnungswesen und Controlling" des VEB.ch
Die Vorgehensweise der Budgetierung führt oft zu Spannungen im Unternehmen und zum Bruch zwischen Strategievorgaben und Planung. Business Intelligence und speziell Predictive Analytics bieten eine Möglichkeit die Lücken zu schliessen und einen direkten Bezug zwischen Strategie und Planung herzustellen. Der folgende Beitrag beschreibt die Problematik und zeigt einen möglichen Lösungsansatz.
Mindestens einmal im Jahr kommt es zum Showdown zwischen Finance/Controlling und den Fachbereichen. Über Wochen und Monate entsteht, in einem zähen Ringen und Kräfte-messen zwischen den Bereichen, ein Budget mit welchem niemand so richtig zufrieden ist. Weshalb ist das so und gibt es Lösungen? Auf diese beiden spannenden Fragen gehe ich in folgendem Artikel ein und zeige Handlungsoptionen auf.
Gemeinhin ist anerkannt, dass die Basis für ein Budget die Strategie ist oder sein sollte. Aus der Strategie werden strategische Ziele abgeleitet und die strategischen Ziele werden in operative Bereichsziele heruntergebrochen.
Auch wenn die strategischen und operativen
Ziele direkt aus der Strategie abgeleitet sind,
fehlt meist der transparente Bezug zur Planung
Bei der Budget/Forecasterstellung (Planung) kommt es nun zum entscheidenden Bruch, welcher der Kern der späteren Unzufriedenheit ist:
Die Kosten- und Bereichsverantwortlichen leiten aus den operativen Zielvorgaben «Key Performance» und «Performance» Indikatoren (KPI und PI), zur Messung der Zielerreichung, ab.
Doch Controller und Finanzverantwortliche erstellen das Budget in Form von P&L, Bilanz, Investitions- und Liquiditätsrechnung, ohne direkten Bezug zu diesen Zielgrössen.
Bereichs- und Kostenverantwortliche, welche ihre Bereiche tagtäglich über Leistungsgrössen (KPI, PI) führen, werden für die Planung gezwungen, sich mit P&L, Bilanz, Investitions- und Liquiditätsplanungen auseinander zu setzen.
Immer wieder zeigt sich, dass sehr gute Bereichsverantwortliche mit Finanzrechnungen wie P&L, Bilanz und co. nicht zurechtkommen. Die regelmässig wiederkehrende Budget- und Forecasterstellung wird für sie zu einem anstrengenden und mühsamen Spiessrutenlauf.
Allzu oft werden zur Vereinfachung die Vorjahreswerte grosszügig aufgerundet und als Budget eingereicht. Natürlich entspricht, unter diesen Voraussetzungen, der erste Zusammenzug der Zahlen nicht den Erwartungen des Managements. In der Folge werden Finanzverantwortlichen aufgefordert, Reservepolster und potentielle Kosteneinsparungen aufzudecken. Es ist ein Teufelskreis: Denn weil die Kosten- und Bereichsverantwortliche dies wissen, bilden sie in ihren Planungen zusätzliche Reserven. Dieser Prozess ist äusserst inneffizient, zeitintensiv und führt zu falschen Budgetkürzungen. Bestraft werden Kosten- und Bereichsverantwortliche, welche bereits im ersten Durchgang seriös planen.
Basierend auf diesen falschen Kosteneinsparungen und Kompromissen entsteht ein Budget, welches die EBITDA-Vorgaben des Managements erfüllt.
Dadurch wird der Eindruck erweckt, dass die strategischen Ziele eingehalten wurden. Der direkte Zusammenhang zwischen Strategie und Budget/Forecast ist jedoch nicht mehr vorhanden und es entsteht ein Bruch zwischen den strategischen Zielen und der Planung.
Dieses Vorgehen macht wenig Sinn. Bereits im Strategieprozess wurden die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Unternehmensentwicklung und darauf basierend Ziele abgeleitet.. Man sollte die Zeit nicht mit der Suche nach willkürlich, gebildeten Reserven verschwenden, sondern darauf verwenden die wesentlichen Einflussfaktoren zu finden und die richtigen Ziele zu definieren.
Einsatz Predictive Analytics in der Planung
Mit Hilfe von Predictive Analytics wird der Planungsprozess vereinfacht und Wirkungszusammenhänge aufgedeckt. Die Budget- und Kostenverantwortlichen planen über die relevanten Kennzahlen und strategischen Zielvorgaben.
Basierend auf historischen Daten und Informationen werden Entwicklungen analysiert und Zusammenhänge erkannt. Reichert man diese Informationen durch externe Einflussfaktoren, und interne Zielvorgaben an, wie bspw. Wechselkursentwicklung oder Erhöhung der Produktivität, können valable Prognosen erstellt werden. Mit den richtigen Werkzeugen kann dies automatisiert erfolgen. Der Kosten- und Budgetverantwortliche plant nicht mehr in der P&L, Bilanz, Investitions- und Liquiditätsrechnung sondern direkt auf den Zielgrössen.
Jetzt kommen die Unkenrufe… «Aber wenn der Bereichs- und Kostenverantwortliche das Budget und den Forecast nicht selbst erstellt, dann fühlt man sich nicht dafür verantwortlich!»
So ist es eben nicht, denn die Verantwortlichen haben sich bereits zu einer Strategie mit entsprechenden Massnahmen verpflichtet. Mit Predictive Analytics werden die aus den strategischen Zielvorgaben abgestimmten Massnahmen berücksichtigt und mittels historischen Erfahrungswerten und externen Einflussfaktoren Prognosen (Budget, Forecast) erstellt. So kann beispielsweise die getroffene Entscheidung, ein neues Produkt zu lancieren, mit Berücksichtigung der Wirtschafts- und Wechselkursentwicklung, basierend auf Erfahrungswerten, berechnet werden, ohne dass ein Kostenverantwortlicher aufwändige Berechnungen vornimmt und «Reserven» versteckt. Oder es werden zusammenhängende Positionen, wie anfallende Spesen, Büromaterial- und Arbeitsplatzkosten, bei Personalaufbau und -abbau automatisch berücksichtigt.
Erzielt man auf diesem Weg nicht den angestrebten Zielwert, müssen die strategischen und operativen Massnahmen überdacht und angepasst werden. Dies ist wesentlich effizienter und zielführender als Kostenpositionen zu kürzen und auf die Einhaltung zu hoffen.
Mittels Predictive Analytics Werkzeugen werden die Massnahmen aus der Strategie in konkrete Wertetreiber übersetzt und können aufgrund ihres Einflusses auf die Finanzzahlen berücksichtigt werden. So wird schnell klar, welche Massnahmen den grössten Einfluss auf die finanzielle Entwicklung haben. Diese Transparenz kann wiederum im nächsten Strategieprozess genutzt werden um sich auf die wesentlichen Ziele zu konzentrieren.
Von der Strategie zum Budget und zurück
Abbildung 1 zeigt, wie Predictive und Business Analytics in der Praxis zum Einsatz kommen.
Es sollte der Anspruch des Verwaltungsrates und Managements eines Unternehmens sein, dass die gemeinsam verabschiedete Strategie und die daraus abgeleiteten strategischen Ziele direkten Einfluss auf Budget/Forecast und Mittelfristplanung haben.
Aus der Strategie werden strategische, operative und dispositive Ziele abgeleitet. Zur Erreichung dieser Ziele werden Massnahmen festgelegt und mittels Kennzahlen (Key Performance Indikatoren und Performance Indikatoren) gemessen. Diese Kennzahlen beinhalten die wesentlichen Wertetreiber welche den Erfolg des Unternehmens massgeblich beeinflussen. Deshalb werden in regelmässigen Reports und in online Dashboards die Entwicklungen dieser Kennzahlen gemessen und dienen den Bereichs- und Kostenverantwortliche als Führungsinstrument.
Weil diese Kennzahlen direkt aus der Strategie abgeleitet sind, ist es logisch, ein Budget/Forecast und eine Mittelfristplanung auf der Basis dieser Wertetreiber zu erstellen. So entsteht ein direkter Bezug zwischen Strategie und Planung und der Bruch zwischen Unternehmens-, Bereichsführung und Finanzplanung wird aufgehoben.
Mit Business Analytics werden Abweichungen, Wechselwirkungen und Auswirkungen analysiert. Die Erkenntnisse fliessen wiederum in die Strategie ein und beeinflussen so den Entscheidungs-, Planungs-, Steuerungs- und Zielfindungsprozess des Unternehmens.
Es wird immer wichtiger kurzfristig, schnell,
gute Entscheidungen zu treffen. Business Intelligence Lösungen
helfen uns agiler zu werden und die Herausforderungen
der Zukunft erfolgreich zu meistern
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